Mittwoch, 27. Februar 2013

Wir waren in Watson Lake, Time change zone! So standen wir also nach neuer Zeit heute, am 18. Januar 2013, um 5 Uhr auf. Crazy! Fuhren zu einem Tankstellenparkplatz, um die Hunde zu versorgen. Da wir gerade vor Ort waren, wurde auch gleich getankt und Dyan versorgte sich mit Frühstück. Ich selber wollte nichts essen. Einerseits war ich nicht so hungrig und andererseits war ich gerade etwas schlecht zu sprechen auf Dyan. Sie hatte sich nicht so ganz fair verhalten. Aber egal, schließlich musste ich die nächsten Wochen mit ihr auskommen. Zeit, sich in Demut zu üben… Wir starteten wieder weiter Richtung Westen. Die Straßen waren nicht geräumt und wir konnten sehen, dass nur ein Truck vor uns Watson Lake verlassen hatte. Es war nur diese eine Reifenspur auf dem Highway. Wir mussten die ganze Zeit im Allradbetrieb fahren, da sonst kein Durchkommen gewesen wäre. Ich nutzte die Dunkelheit, um noch ein wenig Schönheitsschlaf im Truck nachzuholen. Als es hell wurde, eröffnete sich uns eine traumhafte Landschaft. In der Nähe von Tesslin machten wir wieder Pinkelstop für die Hunde. 

Pinkelstopp und Snack für die Hunde
Hier kam Dyan mit einem Trucker ins Gespräch, der ihr erzählte, dass er gestern Nacht als einziger weitergefahren war und nicht in Watson Lake übernachtet hatte, was er zutiefst bereut hatte. Denn er hatte wirklich bös Probleme bis hierher durchzukommen und war froh, dass er überhaupt angekommen war. Und er bedankte sich, dass Dyan ihn gestern an einem steilen Berg hat überholen lassen, da er sonst keine Chance gehabt hätte, diesen rauf zu kommen. Die Straße war wirklich schlecht. 

Checken des Trucks
Und was fand sie? Eisklotz am Bremskabel! Nicht gut...
Ich zerhackte in der Zwischenzeit die Hackfleischwurst für die Hunde. Das war noch immer anstrengend, war noch nicht wieder voll einsatzfähig. Ich nutzte die Gelegenheit, um auch gleich etwas Müll zu entsorgen und dann hieß es wieder die Hunde einladen. Auf der weiteren Fahrt war ich wach und Dyan besser gelaunt, so dass wir angeregt schnackten, Musik hörten und Lebkuchen aßen (das ging wieder!). 



Und die Landschaft war wirklich atemberaubend. Es wurde schöner und schöner. Und kurz vor Tesslin sprang doch tatsächlich ein Elch über die Fahrbahn. Aber ich war leider zu langsam mit der Kamera. Naja, kann nicht immer klappen. Jedenfalls hatten wir heute auch noch Glück mit dem Wetter, die Sonne schien und wir hatten blauen Himmel. Herrlich! Sah noch einen Elch! Und es war nicht wirklich kalt. Vielleicht um die -6°C. 



In Tesslin versorgten wir uns selber nun im Restaurant mit einem Swiss Burger. War das erste richtige Mahl seit Tagen. Dazu gab es den obligatorischen Kaffee. Schmeckte gar nicht mal schlecht nach ein paar Tagen fast gar nix essen. Sah vielleicht nicht so lecker aus, aber war wirklich geniessbar. 

Lunchtime


Und weiter ging´s. Kurz vor Whitehorse, d. h. 84 km,  bogen wir nach Tagish ab, wo sich unsere Übernachtungsmöglichkeit für die nächsten zwei Wochen befinden sollte. Die kleine Hütte lag auf einem Grundstück eines Bekannten von Dyan. Direkt in der Nachbarschaft wohnten Michelle und Ed, auf deren Grundstück wir später die Hunde trainieren würden (besser gesagt, Dyan würde das tun). Während Dyan kurz bei Ed und Michelle rein sprang und ein paar Informationen einholte, machte ich einen kleinen Nap in der Sonne. War das herrlich warm.


Allerdings gestaltete sich das schwieriger als gedacht, denn als wir vor dem Haus von Thomas (dem Hüttenbesitzer) parkten, konnten wir bei bestem Willen keine Hütte finden. Wir sahen das Wohnhaus, die Garage, die Sauna, einen Schuppen… Aber keine Hütte, in der man irgendwie übernachten könnte. Wir besuchten also erstmal Michelle und Ed und machten uns mit ihren Handlers Chris und Maria bekannt. Dann machten wir uns auf den Weg nach Whitehorse, wo wir für die nächsten Nächte noch ein Hotelzimmer haben würden, da Dyan einiges in Whitehorse zu organisieren hatte. Oder wir hatten einiges zu organisieren und zu managen, aber das erfuhr ich immer erst in dem Moment des Geschehens. Eine Vorbesprechung war nie möglich. Mit jedem Tag steigerte sich ein wenig die Spannung. Aber ich versuchte immer ruhig zu bleiben und einfach zu erledigen, was mir aufgetragen war. Was nicht immer einfach war, da Dyan´s Geduldsfaden kürzer und kürzer wurde. 




Im Hotelrestaurant verabredeten wir uns nach unserer Ankunft mit ihrem Freund Martin, der einige Dinge für sie hier in Whitehorse organisiert hatte. Er hatte uns mitgeteilt, dass Dyan´s Dropbags, weswegen wir unbedingt heute in Whitehorse ankommen mussten, nicht in Whitehorse waren, sondern in Edmonton! All der Streß für nichts?! Normalerweise hätten wir morgen die Dropbags für die verschiedenen Checkpoints vorsortieren sollen, aber das ging ja nun nicht. So musste sie erstmal in das Race office, um zu klären, wie wir nun weiter verfahren konnten. War alles halb so schlimm. So lange die Säcke vor dem Start am 2. Februar hier eintreffen würden, wäre alles kein Problem. Ok, das war doch gut. Ich mein, hätte man das gewusst, hätte man sich noch in Ruhe in Yellowknife auskurieren können und hätte nicht wie angestochen, halb tot durch einen Schneesturm wüten müssen, um "rechtzeitig" in Whitehorse zu sein! Egal, waren nun hier. 


Verzogen uns gegen 19 Uhr ins Hotelzimmer und relaxten etwas. Während Dyan duschte, hatte ich Zeit ein paar Reisenotizen nieder zu schreiben. Hatte nun nur noch mein Notizbuch mit, da ich meinen Mac nicht den vielleicht sehr kalten Temperaturen aussetzen wollte. Alles Handarbeit! Gegen 21 Uhr versorgten wir die Hunde und Dyan schnitt den Hunden die Krallen, nachdem Nunavut ihre Jacke beim Abladen aufgeschlitzt hatte. Sky hatte sich, während wir die anderen Hunde versorgten, schon auf die Lauer gelegt um einen kleinen Hund, der spazieren geführt wurde, zu verspeisen. Aber Dyan konnte sie irgendwie zurück rufen. War aber kurz vor knapp. Sky läuft immer frei rum, sie ist das verwöhnte Maskottchen. Später gingen wir in eine Bar ein Bier trinken. Sie hatten gute Live Musik hier, die allerdings um 23 Uhr beendet war. Die Uhren gehen hier ein wenig anders… Offensichtlich! Gegen Mitternacht konnte ich mich dann endlich wieder in mein Bett schmeißen. Das war schon ziemlich anstrengend, das Ganze. Immer nur diese kurzen Schlafphasen, der Streß…. Aber da musste man halt durch. 
Immerhin konnte ich heute, am Donnerstag, den 17. Januar 2013, bis halb sieben schlafen. Dann hieß es Hunde füttern und anschließend uns selber mit Frühstück versorgen. Es hatte wahnsinnig geschneit über Nacht. Gestern hatten wir ja das Glück gehabt, dass wir eine ganz gut geräumte Straße hatten, heute würde das wahrscheinlich anders aussehen, da der Schneepflug nicht alle paar Stunden hier längs kommt… Aber das würden wir ja später sehen. Erstmal frühstücken, Porridge und Toast. Das Essen fiel immer leichter. Blieb aber noch bei Tee anstatt Kaffee. Gegen viertel nach acht Uhr machten wir uns wieder auf die Socken. Und wie erwartet war der Straßenzustand nicht besonders, so dass wir nur sehr langsam voran kamen. In Fort Liard machten wir einen kurzen Tankstop. Der Wind blies und es schneite mehr und mehr. Ich führte einen kurzen Smalltalk mit einem weiteren Gast an der Tankstelle, der fragte, wo wir hin wollten. Ich meinte, Richtung Westen, woraufhin er mir viel Glück wünschte. Dort würde es noch mehr schneien. Na super! Half ja alles nix, machten uns wieder auf den Weg. Wurden von vielen Bisons am Straßenrand begleitet, die man jetzt im Schnee, Gott sei Dank, wirklich gut sehen konnte. Auch der ein oder andere Truck lag im Graben. Durchfuhren eine wunderschöne Landschaft. 




Der Stone Mountain Park war beeindruckend, auch wenn ich den Namen etwas witzig fand… Bekamen sogar ein paar Karibus zu sehen, die gemächlich am Straßenrand standen. 


Wir arbeiteten uns bis Watson Lake durch, wo wir gegen 23 Uhr nachts ankamen. Alle Trucker waren schon hier, die uns während des Tages überholt hatten. Keiner verließ heute Watson Lake, Straßen zu schlecht, zu viel Schnee.  Und es war warm! Nur um die -5°C. Der Schnee war nass und schwer und alles fing an zu tauen. Auch das Hundefutter. Das war alles nicht so lecker. Nachdem wir uns ein Zimmer im Motel genommen hatten und die Hunde versorgt hatten, gingen wir noch eine Kleinigkeit im Restaurant essen. Dann hieß es noch mal die Hunde pinkeln lassen, bevor wir selber in die Betten fallen konnten. Dyan war so geschafft, dass sie ihren besten Lead Dog beim Verladen fallen ließ. Sie war so wütend auf sich selber. Ich meinte, dass sie ok wäre, aber Dyan ließ sich nicht wirklich beruhigen. Es sah aber irgendwie witzig aus, hatte etwas von Rumpelstilzchen, wie sie da so über den Parkplatz tobte. Ich war nur froh, dass mir das nicht passiert war. Anschließend, nachdem sie wieder in der Lage war normal zu sprechen, verbot sie mir diesen Hund jemals zu ent- oder verladen, damit mir das nicht auch passieren und sie mich erdrosseln würde. Ok, damit konnte ich leben. Waren ja genug andere Hunde zu versorgen. Gegen Mitternacht kamen wir wieder am Motel an und fielen nur noch in unsere Betten. War froh, dass sie uns ein Motel leistete, denn ich fühlte mich wirklich noch nicht in der Lage im Truck in Sitzposition zu schlafen. Dyan hatte zwar ich weiß nicht wie oft erwähnt, dass sie normalerweise auf der Strecke im Truck schläft, aber ich bin nicht darauf eingegangen, da ich wirklich noch nicht im Truck schlafen wollte. War noch nicht fit. Ich glaube, dass sie ein bisschen darauf hoffte, dass ich sagen würde, dass wir natürlich im Truck schlafen könnten und wir kein Motel bräuchten… Tja, I´m sorry, I wanted a bed!

Der Morgen des 16. Januar 2013 kam und ich fühlte mich noch genauso elend wie am Tag zuvor. Aber es gab keine Ausreden. Pat schmiss mich aus dem Bett und meinte, ich müsste jetzt so tough wie ein Kanadier sein. Dyan wollte tatsächlich fahren. Während Pat statt meiner zu Dyan fuhr, um ihr beim Hunde verladen zu helfen, schleppte ich mich unter die Dusche und schmiss anschließend irgendwelche Klamotten in den Koffer, den ich von Pat geliehen bekam. War doch etwas einfacher als mein Riesen Rucksack. Später würde ich mich noch wundern, was ich da so eingepackt hatte... Aber ich war nicht in der Lage klar zu denken. Und da Dyan noch nicht vor der Tür stand, riss ich mich zusammen und erledigte noch all meinen Papierkram, damit das Büro abrechnen konnte. Wow, war das hart, kann ich Euch sagen! Dann döste ich auf dem Stuhl bis Dyan ins Haus gestürmt kam, meinen Koffer schnappte und mich mit sich riss. Oh, mein Gott, diese Energie! Trotz Übelkeit! Diese Frau musste so voll gepumpt sein mit Adrenalin. Anders war das nicht zu erklären. Pat hatte uns auch noch ein schönes Fresspaket fertig gemacht und mir mein Lebkuchenpaket mitgegeben. Zu schade, dass ich immer noch nichts essen konnte. Wir verliessen den Hof gegen 10 Uhr und fuhren auf den verschneiten Straßen Richtung Südwest. Der Truck war bis unter die Decke voll gepackt. Auf der Ladefläche und in der Kabine. On top saß Sky, die pensionierte Hundedame. Unser erstes Ziel für die Nacht war das Bed and Breakfast Lindbergh Landing am Liard Trail. Wir brauchten einige Stunden länger als erwartet, da es unaufhaltsam schneite und die Straßen wirklich schlecht waren. Allerdings laut Dyan´s Aussage besser als üblicherweise. Na, das wollte ich dann ja nicht erleben, wenn es schlechter als das hier war. Es dauerte sowieso länger, da wir alle paar Stunden anhalten und die Hunde raus lassen mussten. Das kostete Zeit. Aber die armen Viecher haben ja schließlich keine Toilette in ihren Hundeboxen. Und all das zu machen, wenn man wirklich krank ist, ist kein Zuckerschlecken. Aber irgendwie kriegten wir das hin. Ketten an den Truck, Hunde ausladen, pinkeln lassen, Hunde wieder einladen (ein Hund wiegt zwischen 20 und 25 kg), Ketten einsammeln, alles säubern und los. Und das alle vier Stunden... Ich war froh, als wir das B&B erreichten. Dort mussten auch erst wieder die Hunde versorgt werden. Es war dunkel, schneite wie verrückt und 15 Hunde wollten gefüttert werden. Der helle Wahnsinn! Für uns gab es anschließend Elkstew, von dem ich nur bedingt essen konnte. War aber lecker. Das B&B wird von einer alten Lady, Sue, betrieben, die dort mit ihrer Hündin Yukon lebt. Heute war Pam, eine Freundin dort, die ihr oft aushilft. Das Haus ist total autark, die Lampen werden mit Propan betrieben. Geheizt wird mit einem riesigen Holzofen und für Strom finden sich eine Solaranlage auf dem Dach, die riesige Batterien speist. Wirklich Hammer! Da mit Wasser wirklich gespart werden muss, durfte die Toilettenspülung wirklich nur bei Bedarf benutzt werden.... Ihr könnt Euch vorstellen, wie das WC aussah... Und Geschirr wurde so oft wie möglich wieder benutzt, ohne Abwasch. Aber so ist das, wenn man mitten im Nirgendwo sitzt. Kann man überleben und ist eine interessante Erfahrung. Nachdem wir nun die Hunde gegen 23 Uhr noch mal raus gelassen hatten, fielen wir ins Bett. Morgen würde es früh wieder los gehen. Die Hunde konnte auch nur max. acht Stunden im Truck bleiben. Ausschlafen war also nicht. Breitete meine Schlafsack (von Dyan geliehen) auf dem Bett aus und schlief sofort ein. War alle!
Dienstag, 15. Januar 2013, der eigentliche Abreisetag in Richtung Yukon. Wat soll ich sagen? Es war nicht möglich, denn nichts war wirklich fertig. Dyan hatte noch den kompletten Truck zu beladen und ich selber hatte auch nicht ein Stück Kleidung gewaschen, geschweige dann gepackt! Aber das war leider Gottes nicht das Schlimmste. Ich wachte morgens früh auf, weil ich mich irgendwie nicht wohl fühlte. Was sollte das denn jetzt bitte?! Tja, die Toilette war meine! Ich schleppte mich dann gegen neun Uhr zu Pat und Tom, weil ich meine Sachen fertig kriegen wollte, war aber absolut nicht mehr in der Lage. Wollte nur noch ins Bett und schlafen. Oder besser direkt vor dem WC schlafen. Mir war so was von übel. Leider war das alles nicht so einfach, denn mein Bett war belegt! Ich dachte nur, super, da ist man mal eine Nacht nicht da und hat schon kein Bett mehr! Schlurfte also runter in den Stall, um nach Pat zu suchen, die sofort ins Haus stürmte und ihre Tochter und ihren Freund aus meinem Bett schmiss. Die waren gestern spät nach Hause gekommen (und waren am gestrigen Tage auch erst angereist) und hatten sich irgendein freies Bett gegriffen, was dummerweise meines war. Da alles geklärt war, fiel ich nur noch ins Bett und schlief mit stündlichen Unterbrechungen. Pat rief Dyan an, um ihr mitzuteilen, dass ich absolut nicht reisetauglich war. Und was bekam ich zu hören?! Dyan hatte dasselbe! Nur schlimmer als ich. Huiuiui, unsere Abreise wurde also auf morgen verschoben. Gott sei Dank! Ich wurde rührend von Pat und ihrer Tochter umsorgt. Mit Tee, Heiltropfen und Toast. Und Pat wusch all meine Arbeitsklamotten, damit ich die wenigstens packen sollte. Es war sicher, dass es morgen los gehen würde. Keine Ausflüchte. Ich wusste noch nicht, wie ich das schaffen sollte. Jetzt erstmal schlafen, dachte ich nur. Too bad, dass mein Lebkuchenpaket aus Deutschland ausgerechnet heute angekommen war und ich nichts davon essen konnte! Das war wirklich gemein. Ja, so verbrachte ich den restlichen Tag und die Nacht abwechselnd im Bett und im Bad... Und hoffte, das zu überleben.