Samstag, 25. August 2012

Nun bin ich schon fast eine Woche alleine auf Achse… Heute schreiben wir den 15. August 2012. Es ist Mittwoch, wenn ich richtig bin. Habe dafür, wie man ja eindringlich gesehen hatte, gar kein Gefühl mehr. Alleine Reisen ist eine echte Herausforderung. In jeder Hinsicht. Damit soll man erstmal klar kommen, sich 24 Stunden mit sich alleine beschäftigen. Außer natürlich diverse Bekanntschaften zwischendurch. Aber den Großteil der Zeit, die ich mit Fahren verbringe, bin ich alleine. Leute, Leute, ich muss zugeben, dass ich daran zu knabbern hatte und habe. Aber ich werde durchhalten. Wird sich ja wieder ändern. Von zweieinhalb Monaten mal eine Woche alleine. Das kann ja nicht so schwer sein, gell?! Bin heute jedenfalls tatsächlich in Yellowknife angekommen! Junge, was für ein Meilenstein! Ich war überglücklich, dass ich es wirklich geschafft hatte! Der Morgen begann früh, war zwischen halb sieben und sieben aufgestanden, um das Feuer für mein Frühstück anzuheizen. Nach langem Hin- und Herüberlegen entschied ich mich aber nur für ein einfaches Frühstück, bestehend aus zwei Scheiben Toast und einem Kaffee. Wollte nicht zu lange damit rumhühnern. Danach schnell noch unter die heiße Dusche, denn es war empfindlich kühl in der Nacht gewesen. Aber mein Seidenschlafsack hat sich bewährt. Und Socken. 



Dann machte ich mich auf den Weg zum Trail zwischen den Twin Falls Alexandra Falls und Louise Falls, an dem der Campingplatz direkt angeschlossen ist. 


Louise Falls
Es war ein Pfad mit interessanten Erklärungstafeln der hiesigen Natives, die hier damals zum Slave Lake wanderten. Der Pfad ist ca 1, 8 km lang. Die Louise Falls konnte ich gleich am Beginn des Pfades bewundern. Im Gegensatz zum Wasser in den Rockies, wo es immer eisblau schimmert, ist dieses Gewässer braun… Wirkt gleich ganz anders. Ich wanderte in herrlichem Sonnenschein nun Richtung Alexandra Falls, und anschließend denselben Weg zurück, da es leider keinen Loop gibt. 


 

Es lag hier schon eindeutig der Duft von Frühherbst in der Luft. Ich erinnerte mich komischerweise in dem Moment an meine Kindheit in den Sommerferien bei meinen Großeltern in St. Michaelisdonn… Es ist interessant, welche Dinge bestimmte Erinnerungen wecken können… Ich musste unweigerlich lächeln. Das waren sehr schöne Zeiten. Kind müsste man wieder sein.

Alexandra Falls and me

Alexandra Falls
An den Alexandra Falls musste ich an meine Schwester denken… Ein mystischer Pfad. Wieder am Van angekommen, schnell alles restliche zusammen gepackt und gegen 10.30 Uhr auf den Weg Richtung Yellowknife aufgebrochen. In Enterprise habe ich noch mal voll getankt. Wenn ich mich nicht total verguckt habe, kostete hier der Liter Regular 1, 37 $! Das war Höchstleistung bisher! Aber ich wurde schon vorgewarnt, daher fiel ich nicht komplett auf den Rücken. Ist immer noch billiger als Diesel in Germany. Die Fahrt ging los. Und sie zog sich. Hier oben ist tatsächlich nichts! Nur Wald und Weite. Und überall wurde vor Wood Bisons on road gewarnt. Ich sah keinen einzigen Büffel. Nur Raben, die sich an den unzähligen Libellen satt frassen, die an den Autos zerschellten. Das war frustrierend. Aber es ist interessant, was man während so einer Autofahrt so alles machen kann. Ich hörte natürlich Musik, trug nebenbei Adressen in meine Kontakte ein, las, lernte Englisch, fischte nach Essbarem und Getränken, usw. Ist schon praktisch und für mich immer wieder unglaublich, dass dieser alte Van (ich erinnere, Baujahr 1981!) einen Tempomat hat, und der sogar noch funktioniert! Ich freue mich immer wieder. Zur Musik grölte ich lauthals mit, um nicht einzuschlafen. Es geht größtenteils wirklich nur geradeaus, aber auch nur. Das ist schwer zu ertragen. Aber mit Selbstgesprächen hatte ich noch nicht angefangen. Ich glaube, dann hätte ich mir Sorgen machen müssen. Und die Trucks überholten mich fröhlich.

Start Überholmanöver

Yeeaaah, da isser!

Und vorbei

Nach einer gefühlten halben Ewigkeit kam ich endlich in die Nähe von Fort Providence, wo es eine Fähre über den Mackenzie River gibt, die man kostenlos nutzen kann. Es wird gerade eine riesige Brücke gebaut, die Deh Cho Bridge, die aber noch nicht frei gegeben ist. Ich hatte von Albert gehört, dass ein Gast vom Campingplatz dort arbeitet und der ihm erzählt hatte, dass sie die Brücke diese Woche teeren wollen, so dass sie in ein paar Tagen befahrbar sein würde. Zu spät, ich fuhr also zum Fähranleger, der ganz versteckt in all dem Baustellenchaos neben der Brücke kaum zu finden war. Aber da es nur eine Straße gab, dachte ich mir, der folgst Du doch einfach mal. Mal gucken, wo Du endest. Ich kam gerade rechtzeitig an, der letzte Truck fuhr auf die Fähre. Würde also nicht mal Wartezeit haben. Wenn ich noch mit drauf passen würde… Sah nicht so aus. Aber der Truck war zu lang, so dass er wieder runter musste und somit für mich ein Plätzchen frei geworden war. Wie schön! Fuhr unter interessierten Blicken auf die Fähre. Ja, das passierte mir nun öfter. Scheint es in Kanada wohl nicht so häufig zu geben, dass eine Frau alleine mit so einem alten Van auf Achse ist… Hahaha! Sonst würde ich das ja auch nicht machen. Kann schließlich nicht jede!

Grad noch drauf gepasst
















Die Überfahrt dauerte zehn Minuten. Kamen in Fort Providence an, wo ich nochmals voll tankte. Ich nahm jede Tankgelegenheit mit, denn ich wollte auf gar keinen Fall in dieser Einsamkeit liegen bleiben. Schon gar nicht wegen Dummheit, sprich Spritmangel! Es war zwar einigermaßen Verkehr auf der Strecke, aber den Stress musste ich nicht haben. Dann hieß es, auf den Highway 3 Richtung Yellowknife abbiegen. Sonst wäre ich in Fort Simpson gelandet. Da wollte ich nun nicht hin. Die Strecke zwischen Fort Providence und Edzo war nun der schrecklichste Abschnitt überhaupt. So was von öde. Hier ging es wirklich nur noch geradeaus. Ich fuhr und fuhr und fuhr. Zwischendurch mal ein paar Tümpel, abgebrannte oder abgestorbene Bäume, dann wieder Wald. Puh! Ich hatte mir nach dem Tanken schnell einen Mittagssnack, bestehend aus drei Keksen und einem Apfel, gegönnt, um nicht einzuschlafen. Gegen Nachmittag war es wieder so weit, die Energiespeicher aufzufüllen. Ich hielt kurz an, um mir nun eine Banane, sowie drei Kekse einzuverleiben. Und wurde gleich umringt von Schwärmen Black Flies. Och nö, das musste nicht sein, also wieder rein ins Auto und auf die Bahn. Irgendwann wurde ich belohnt, die ersten Bisons tauchten am Straßenrand auf! Oh, welch Freude. Es waren zwei Bullen, von denen einer eine böse Fleischwunde an der Flanke hatte.

 

Konnte nicht sagen, ob es ein Kontrahent oder ein Truck gewesen war. Ich ließ die beiden Bullen ihres Weges ziehen und fuhr weiter. Nun traf ich insgesamt auf der Strecke noch drei Mal auf diese Giganten.

 

Nach Edzo, bzw. Rae, verschlechterte sich die Straße drastisch. Sie war die ganze Zeit über nicht besonders gut gewesen, auch wenn sie geteert war. Aber nun ging´s los. Jetzt verstand ich auch, was das Ehepaar aus dem Infocenter gemeint hatte. Sie hatten von Bumps gesprochen. Die fand ich ja eigentlich immer ganz witzig… In Deutschland! Hier ging es die komplette Strecke nur noch auf und ab, das kann man sich nicht vorstellen. Ich dachte schon, ich werde seekrank. Eigentlich ist auf der Strecke Tempo 100 km/h, aber ich wüsste nicht, wie man das machen sollte! Ich bin teilweise auf 60 km/h runter gegangen, weil die Straße wirklich so was von hubbelig wurde. Nicht mal der Truck hinter mir hat gewagt zu überholen. Es waren nämlich nicht nur die Bumps (die übrigens in alle Richtungen gehen), es gab auch noch Schlaglöcher und schlecht ausgebesserte Schlaglöcher, wo man von Weitem meinte, sie wären geflickt! Ha, da bin ich ein paar Mal reingefallen. Ich dachte manchmal schon, meine Achse bricht. Da half nur langsam fahren. Was zum Ende diesen Tages, es war später Nachmittag, aber immer schwerer fiel. Ich wollte endlich ankommen. Die Landschaft hatte sich weiter verändert. Sie wirkte teilweise etwas bizarr. Die Straße schlängelte sich durch weiß rosa Gesteinsbrocken, zwischen denen vereinzelte Häuser standen. Wie konnte man denn hier wohnen?! Das war nun nicht mal mir klar. Und das soll schon was heißen. Ich denke, da ein Indianerreservat angrenzt, dass dort wahrscheinlich zum größten Teil Natives wohnen. Als ich nun nach gefühlter Unendlichkeit die Grenzen von Yellowknife erreichte, konnte ich es fast nicht glauben. War ich froh!


Ich fuhr in die Stadt, dessen Namen nicht auf die Bedeutung des Goldes während des Goldrausches zurück zu führen ist, sondern auf die mit Kupferklingen bestückten Messer der Indianer des Chipewyan Stammes, die Yellowknife gemeinsam mit zwei anderen benachbarten Dene Nations, den Dogrib und den Slavey, durch ihre Ansiedlung lange Zeit vor dem Goldrausch gründeten (das heutige Old Town). Das erste Gold wurde übrigens per Zufall durch einen "Prospector" im späten 19. Jahrhundert gefunden, der auf der Durchreise nach Klondike war. Erst ab 1930 explodierte die Einwohnerzahl der Weißen aufgrund des folgenden Goldrausches. 1967 wurde Yellowknife dann zur Hauptstadt der North West Teritorries und 1970 wurde es als Stadt anerkannt. Ich passierte den Flughafen, der gleich zu Beginn der Stadtgrenze am Horizont auftauchte, und wo zu meinem Erstaunen sogar ziemlich große Maschinen standen. Fuhr weiter Richtung Innenstadt, um hoffentlich erstmal einen Infocenter zu finden. Nach langer Suche fand ich einen. Es war mal wieder die miserable Beschilderung Schuld. Erkundigte mich dort erstmal nach einem Campground, denn hier wild zu campen war aussichtslos. Der Stadtnächste lag gegenüber vom Airport, also wieder zurück. Es kostete 22,50 $ die Nacht. Auch kein Schnäppchen. Aber was sollte ich machen? Die anderen Campingplätze lagen 30 und 50 Minuten ausserhalb der Stadt. Denn am nächsten Morgen wollte ich per pedes in die Stadt.

Outhouse
Würde wohl eh noch eine Nacht bleiben. Im Infocenter, wie auch auf dem Campground bekam ich einen Pin ("North of 60 Certificate") als Beweis, dass ich in Yellowknife gewesen war, dass ich also ein Northern Explorer war! Ist doch was Besonderes nach Yellowknife zu kommen… Für mich sowieso. Ich parkte also meinen Van auf den mir zugewiesenen Platz, wo eigentlich alles außer Wasser undenklich weit weg war, und fing gleich an zu kochen. Denn es sah nach Regen aus und ich wollte über dem Campfire kochen, um meine Gasvorräte zu schonen. Ich hatte noch eine große Ladung Holz von gestern im Van. War da also safe. Außerdem brauchte ich Hitze, um viel Wasser zum Kochen zu bringen, was der kleine Gaskocher nicht schafft. Es sollte Maiskolben geben.

Dessert
Zum Nachtisch einen Pancake, den ich mit meinem heiß geliebten Pure Marple Syrup verzehren wollte. Es begann zu tröpfeln, es war Eile geboten. Letztendlich schaffte ich noch alles rechtzeitig. Den Pancake aß ich dann halt im Van. Wozu hat man einen Tisch im Van?! Dieser Campground war wieder mal extrem groß, hatte aber gemütliche, kleine Parkbuchten. Nicht so, wie der in Lake Louise. Aber an den kleinen Campground am Columbia Glacier kommt bisher keiner dran. Vielleicht war es einfach auch die super Nachbarschaft. Hier war wenig Chance, mit jemandem ins Gespräch zu kommen. Ich werde sehen, was ich morgen in der Stadt erlebe. Die Abende sind ziemlich hart, muss ich zugeben. Ich freue mich schon wieder, wenn ich wieder unter Leute komme! Das kann ich Euch sagen. Mein Abendprogramm bestand demnach wieder mal, die Ereignisse des Tages nieder zu schreiben und zu lesen. Was ja auch nicht verkehrt ist. Bin gespannt auf morgen und hoffe, dass die Sonne wieder lachen wird für mich. Denn der Trail vom Campground in die Stadt ist ca. 5 km lang… Ich werde sehen und berichten. 

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