Sonntag, 23. September 2012

Ich stand heute, am 5. September 2012, gegen halb neun auf. Hatte wieder die halbe Nacht nicht geschlafen. Ich dachte, es wäre besser früher aufzustehen, damit ich dann heute Abend wenigstens müde sein würde. Nun ist halb neun nicht gerade früh, aber wenn man sich seit drei Uhr Früh nur von einer Seite auf die andere gewälzt hat und über die Aufgaben am nächsten Tag nachgedacht hat, dann ist das früh. Nach meinem üblichen Cerealienfrühstück ging ich in den Stall, um rechtzeitig mit der Arbeit in der Sattelkammer fort zu fahren. 

Sattelkammer aufräumen
Wollte den doch noch fertig kriegen, bevor ich hier abdüse. Gegen späten Mittag fragte mich Tom, ob ich Java reiten wollte. Ich war mir da heute nicht so sicher. Ich fühlte mich gerade nicht in der Verfassung,  mich auf ein nicht allzu einfach zu händelndes Pferd einzulassen. Aber ich wollte Java auf jeden Fall noch probieren so lange ich hier war. Ist ein echt gutes Pferd. Nur etwas… dünnhäutig. Ihre Augen suchen ständig nach dem Tiger, der gleich über sie herfallen wird. Tja, steht hoch im Blut, die Dame. So wollte Tom heute halt Java dann selber reiten. Aber Pat wollte, dass ich vorher zum Aufwärmen mit Java Bodenarbeit mache und dass Tom das mal sehen könnte. Pat war ganz begeistert von Bodenarbeit. Etwas unsicher willigte ich ein. Denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass Tom von dieser Art der Arbeit mit Pferden begeistert sein würde. Nicht, dass er es spinnig finden würde, aber ich hatte das Gefühl, dass er es vielleicht für überflüssig halten könnte. Als wir also in der Halle waren, versuchte ich mich an Java, die mit all ihrer Aufmerksamkeit auf der Suche nach Tigern, aber ganz bestimmt nicht bei mir war. Ich fragte Tom, ob sie Angst vor Gerten hätte, da ich ganz gerne mit Gerte arbeite. Er meinte, das sollte kein Problem sein. Ha! Kein Problem! Sie startete als erstes rückwärts durch und hätte sich beinahe zu Tom mit auf die Bank gesetzt, wo er sich zum Zuschauen niedergelassen hatte. Ok, das war schon mal nichts. Ich versuchte es ohne Gerte, um erstmal ihr Vertrauen zu gewinnen. Diese Stute war das reinste Pulverfass. Und Tom wollte, dass ich sie reite?! Naja, vielleicht wirkte es auch einfach nur extremer, als es wirklich war. Ich würde es demnächst ausprobieren, aber bestimmt nicht heute. Nach mir versuchte sich Tom. Mit Gerte. Und sie startete bei ihm genau so durch, was mich doch etwas beruhigte. Dann hatte es tatsächlich an der Gerte, nicht an mir gelegen. Nachdem er sich eine Weile auf der linken Hand versucht hatte, meinte Pat, er sollte es auf der rechten Seite ebenfalls versuchen. Im übrigen versuchten wir Seitengänge an der Hand. Als kurze Zwischenerklärung. Oh, auf der anderen Hand ging es schon mal gar nicht. Tom meinte, dass sie diese Art von Arbeit nicht gewohnt sei. Ich glaube, es sollte eine Art Entschuldigung für ihr Benehmen sein. Aber das war im Grunde ja egal. Jedes Pferd fängt mal damit an und es ist neu. Man muss es halt dann üben. Naja, jedenfalls schwang sich Tom danach in den Sattel und ich guckten den beiden bei ihrer Arbeit zu. Tom versuchte mich noch drei mal zu überreden, dass ich jetzt Java reiten sollte, aber ich lehnte für den heutigen Tag ab. Danach war mir gerade gar nicht, mich mit einem Wildpferd anzulegen. Oder zu arrangieren. Er meinte, ich könnte sonst auch ein anderes Pferd reiten. Ich war gerade echt müde und ziemlich faul.  Aber ich raffte mich auf und machte mir Spring fertig. Die kleine Ziege machte tatsächlich wieder Theater beim Aufzäumen. Aber man muss etwas Nachsehen haben, denn die Pferde hier sind diesen Sommer echt gebeutelt von diesen komischen Bugs, die in alle möglichen Körperöffnungen fliegen und beissen. Besonders die Pferdeohren sind sehr beliebt. Viele Pferde haben deswegen sogar blutige Ohren. Echt Sünde. Ich hatte heute zur Probe ein paar Lederreitstiefel an, die ich beim Aufräumen in der Sattelkammer gefunden hatte. Sie waren ein klein wenig zu groß, aber ich dachte, das würde schon gehen. Schwang mich nach meiner üblichen Aufwärmarbeit vom Boden dann in den Sattel, während Tom und Pat einen kleinen Ausritt unternahmen. Mir war es zu buggy draußen. Versuchte, Spring ein bissel zu arbeiten. War allerdings nicht sonderlich erfolgreich. Spring geht immer hinter das Gebiss. Es war mir nicht möglich, sie ans Gebiss zu reiten. Wenn ich mehr trieb wurde sie oftmals noch enger und langsamer und wenn ich die Gerte benutzte, dann ging sie hinten hoch. So konnte ich die Gerte nur sehr fein dosiert einsetzen. Alles schien ihr schwer zu fallen, obwohl sie grundsätzlich gut im Training ist. Zumindest Ausdauer sollte sie genug haben. Aber es war dennoch ein kleiner Kampf mit ihr. Ich war am Ende meiner Arbeit nicht besonders zufrieden mit mir. Es half auch nicht wirklich, dass zwischendurch Tom oder Pat immer wieder  mit ihren Pferden rein geritten kamen. Mit allen Hunden im Schlepptau. Das riss uns jedes Mal extrem aus der Konzentration. Naja, kann nicht immer gut laufen. Wollte evtl. heute Abend noch mal ein anderes Pferd reiten. Am Nachmittag hatte ich zwei Reitstunden. Einmal Laura, die jetzt das zweite Mal auf dem Pferd saß und Logan, der neunjährige Junge, der leider schon jetzt etwas zu viel auf den Rippen hat. Ist halt traurig zu sehen, wie schwer es ihm allein fällt aufs Pferd zu kommen. Und er ist so süß. Er weiß, dass er für die Ponys zu schwer ist und dass Omar, den er bisher immer reiten durfte, nicht gesund genug ist, um sein Gewicht zu tragen. Somit sollte er heute auf ein Pferd, auf Mickey. Vorher hatte Mickey aber mit Laura zu arbeiten. Laura ist einfach nur nett und witzig. Wir lachen viel, wenn wir zusammen arbeiten. Sie hatte einiges vergessen, was das Putzen und Satteln, etc. angeht. Aber wenn ich dann fragte, ob sie nicht was vergessen hätte, war es sofort wieder da. Und sie ist echt gut beim Reiten. Ich erkläre ihr was und sie setzt es um. Sie hat keine Schwierigkeiten damit. Dass ich es immer mal wieder wiederholen muss, ist normal. Aber sie kann es umsetzen. Ihr fragt Euch sicher, was das Besondere daran ist?! Dass sie kein Kind mehr, sondern ich schätze mal Anfang dreißig ist, ist das Besondere. Das ist echt schwer, dann Reiten zu lernen. Nur mal so nebenbei erwähnt. Jedenfalls hatten wir wieder eine Menge Spaß in der Stunde. Danach war Logan dran. Er brauchte die Unterstützung seiner Schwester, um auf Mickey zu kommen. Er war doch etwas nervös, das erste Mal auf einem richtigen Pferd. Er wollte jedenfalls heute nicht traben, meinte er. Ich sagte, dass das gar kein Problem wäre und dass er sich heute einfach in Mickey einfühlen sollte. Nach zwanzig Minuten war er aber so selbstsicher, dass er meinte, wir könnten es doch versuchen. Wow! Fand ich gut. Und er meinte, dass wir ja die Longe nehmen könnten, das wäre wohl einfacher. Dafür war ich sehr dankbar, denn auch noch im Trab die ganze Zeit nebenher laufen wollte ich eigentlich nicht so gerne. So trabten wir die letzten zehn Minuten Runde um Runde und er war happy. Und das ist das Wichtigste. Und Mickey war auch zufrieden. Er brauchte dann etwas Unterstützung von seiner Mutter, um vom Pferd zu kommen, aber ich denke, das bekommt er nächstes Mal auch alleine hin. Mit dieser Reitstunde hatte ich Feierabend für heute. So blieb genug Zeit, um mit den Mädels noch ein bissel auf der Stallgasse zu quatschen und anschließend nahm ich mir vor meinen Papierkram zu erledigen. Musste alle meine Arbeitsstunden in Timesheets eintragen. Die für die Reitstunden in eines und meine anderen Arbeiten wie Heu abladen, Sattelkammer aufräumen, etc. in ein weiteres Timesheet. Nahm eine ganze Weile in Anspruch, da ich erstmal mit Pat austüfteln musste, wie sie das denn gerne eingetragen haben wollten. Die Timesheets waren nicht gerade sehr logisch aufgebaut. Nun fehlten mir noch ein paar Zeiten von der Arbeit mit Andy am Zaun an meinen ersten beiden Tagen hier in Yellowknife. Ich wollte ihn morgen anrufen (oder Pat… Hehehe) und fragen, ob er die Zeiten notiert hatte. Müsste er eigentlich, da er ja auch ein Timesheet abgeben musste. So meine Hoffnung jedenfalls. Alles andere fand sich ein. Und da ich ja nun auch ein kanadisches Konto hatte, stand dem Payday nichts mehr im Wege. Hier in Kanada kann jede Firma bei Eröffnung des Geschäfts selber festlegen, wann sie Zahltag haben wollen und in welchen Abständen. Hier war nun also immer Mittwochs Abgabe der Unterlagen im zweiwöchigen Rhythmus, so dass man Freitags das Geld in den Händen hielt oder auf dem Konto hatte, wie mir Pat erklärte. Zum Abendessen gab es kleine Hühnchen mit Kartoffel-Möhren-Gemüse und Salat. Tom musste danach zu einem Notfall in die Klinik. Waldemar verabschiedete sich in sein Zimmer. Wie immer. Ihm war es ganz offensichtlich zu anstrengend Englisch zu sprechen. Zum Lernen hörte er immer Lern-CD´s auf Englisch. Pat sagte mal zu ihm, dass er ganz einfach mehr Praxis in Englisch bekommen könnte, wenn er uns Gesellschaft leisten würde. Tja, jedem das seine. Wer nicht will, der hat schon, nicht wahr?! Denn wenn Waldemar da war, sprach er nur mit Tom und nur auf Polnisch. Ok, mit mir übte er sich dann doch ab und zu in Englisch, aber naja. Er teilte mir jedenfalls heute Abend noch mit, dass wenn ich Interesse am Kauf seines Fahrrads für 150$ interessiert wäre, er das heute wissen müsste, da er es sonst morgen nach Downtown zum Verkauf bringen würde. Ich bedankte mich und lehnte das Angebot aber ab, da ich nicht genau wusste, ob ich das Rad tatsächlich nutzen konnte die nächste Zeit. Der Sommer war vorüber… Und das Geld konnte ich gut für andere Dinge brauchen. Pat suchte diesen Abend ihren alten Laptop raus, damit wir meinen USB-Stick ausprobieren konnten, der seit einem Absturz meines Mac´s nicht mehr funktionierte und ich nun nicht wusste, ob es der Mac oder der Stick war, der seinen Geist aufgegeben hat. Allerdings war ihr Laptop tot, so dass sie ihn erstmal auflud. Wir verlegten den Test auf morgen. Aber sie rief eine Freundin an, dessen Ex-Mann ein Computerfreak ist, um dessen Nummer zu bekommen. Den wollten wir morgen ebenfalls anrufen, um dem Problem auf die Spur zu kommen. Danach machte ich mich langsam auf den Weg rauf in mein Zimmer, wo ich noch ein paar Zeilen schrieb und dann in Schlummer fiel. 

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