Sonntag, 23. September 2012

Wir schreiben inzwischen Sonntag, den 23. September 2012. Das war Pech, denn am Sonntag hat hier in Williamslake nicht wirklich viel geöffnet. Schade aber auch. Da isses wieder, das fehlende Zeitgefühl. Aber andererseits, irgendwann ist halt auch mal Sonntag. Ich stand heute zeitig mit der Morgendämmerung auf. Musste sowieso wohin. Dann konnte ich auch gleich aufstehen, dachte ich mir. Jaaa, und ich war ganz schlau, was ich aber erst später beim Frühstück bei McDonalds fest stellte. Ja, ich weiß, aber ich brauchte einen Kaffee und für 1 Cent mehr gab es einen Muffin dazu. Das ist doch ein perfektes Frühstück, also griff ich zu. Naja, zurück zu meinem Schlausein: Der Visitor Center, zu dem ich heute noch mal wollte, um mir noch einige Informationen zu holen, öffnete um 9 Uhr. Dachte ich. Nein, zum einen öffnete er erst um 10 Uhr sonntags und zum anderen hatte ich meine Uhr noch nicht umgestellt. Sie war noch auf Alberta-Zeit eingestellt... Hahaha, somit war ich zwei Stunden zu früh! Ich ließ mir also Zeit bei meinem Frühstück, hatte vorher auch noch getankt und nun fuhr ich nach Down Town, um mir ein bissel Cash zu besorgen.


Es hatte natürlich alles geschlossen. Außer Safeways, was mir natürlich sehr zugute kam, denn ich musste meine Vorräte auffüllen. Ich verbrachte nach einem kleinen Morgenspaziergang durch die City Williamslake´s eine ganze Weile im Safeways. Das lag auch daran, dass in Kanada die Lebensmittelläden kein Stück sortiert sind. Wirklich, da solltet Ihr mal drauf achten, wenn Ihr mal drüben seid. Es ist alles querbeet verstreut. Ich weiß nicht, wer sich das ausdenkt hier.

 

Nachdem ich endlich meine drei Sachen gefunden und bezahlt hatte, fuhr ich zum Visitor Center zurück und wartete draußen in der Sonne die letzte halbe Stunde im Internet surfend. Denn das Center bot WiFi an, was ich draußen schon nutzen konnte. Wie praktisch. Sie öffneten pünktlich (kaum zu glauben, in Kanada) und ich erfragte mir einige Aktivitätsmöglichkeiten in der Umgebung. Heraus kam, dass ich als erstes zum Scout Island runter fahren wollte, um da einen Spaziergang um die Insel zu machen. Danach wollte ich nach Springhouse fahren, um nach der Springhouse Trails Ranch zu suchen, auf der wir vor über 20 Jahren(!) Urlaub gemacht hatten. Es waren die besten Urlaube, die ich je erlebt habe! Wenn dann noch Zeit war, wollte ich zur Geisterstadt Quesnel Fork über Likely fahren. Was allerdings die bescheuertste Idee meiner bisherigen Reise gewesen sein würde, um das schon mal vorweg zu nehmen. Aber dazu später. Ich kam also auf der kleinen Insel mit dem Nature Center an und sprang fröhlich aus dem Wagen, um der Sonne und der wunderbaren Umgebung zu frönen. Allerdings hielt meine Freude nicht allzu lange an. Kurz nach Start meines Rundganges traf ich auf ein Warnschild: "Bear in Area". Nicht schon wieder.

Och nööö

Wenigstens ein Seitenblick auf die kleine Halbinsel
Ich gebe zu, ganz alleine war ich doch zu feige. Wollte auch nicht die ganze Zeit Selbstgespräche führen. So blieb es bei einem fünfminütigen Ausflug und ich fuhr Richtung Springhouse. Ich hoffte, dass ich es finden würde. Es ging ganz schön steil den Berg rauf, mein Van hatte ordentlich zu arbeiten. Es sollte gar nicht weit sein. Ich war ziemlich aufgeregt. Als ich die Powerline passierte wusste ich, dass es ganz in der Nähe sein musste.

Die gute, alte Powerline
Und tatsächlich! Vor mir tauchte das Schild "Springhouse Trails Ranch" auf. Genau, wie ich es in Erinnerung hatte. Doch dann die Enttäuschung, das Gatter war geschlossen. Nach einer kurzen Überlegung entschied ich mich, über den Zaun zu klettern und runter zu laufen. Wenn es verlassen war, war es eh egal und wenn noch jemand dort wohnen würde, könnte ich erklären, was ich hier zu suchen hatte.

Wie vor über zwanzig Jahren
Es hatte sich ein wenig verändert, aber vieles war noch wie früher. Und die Häuser waren offensichtlich bewohnt. Und drei Schäferhunde "begrüßten" mich. Konnte so falsch nicht sein hier. Es kam eine junge Frau aus dem Haus und ich erklärte, was ich wollte. Sie war sehr nett und wir sprachen dann Deutsch. Es stellte sich heraus, dass ich mit der Enkeltochter der ehemaligen Betreiber sprach! Mein Herz machte eine Hüpfer. Ich hätte sie um ein Haar treffen können, aber die Mutter (ich nahm an, Regine) war unterwegs, der Vater arbeiten und die Großeltern waren in der Kirche. Oh Mann, das wäre was gewesen. Ich durfte über das Gelände streifen und Fotos machen.

Stall und Scheune

Ehemaliges Wohnhaus der Besitzer

Office und Steakhouse

"Unsere" Hütte...


Mir kamen die Tränen. Ich weiß nicht, warum. Aber es war irgendwie ein bisschen wie nach Hause kommen. So viele schöne Erinnerungen. Ich ging auch zu "unserer" Hütte. Es ist so schade, dass die Ranch nicht mehr betrieben wird. Aber zumindest wohnen die Messner´s noch hier. Die Enkelin erklärte, dass sie die Ranch vor fünf Jahren geschlossen hatten, da es sich nicht mehr lohnte. Nach einer Weile des Herumwanderns und Erinnern ging ich zurück zu meinem Van.

Rückzug
Ich wollte die Dame nicht länger belästigen. Später dachte ich, wie doof eigentlich. Aber noch mal zu den Hunden runter wollte ich auch nicht. Ich wartete noch eine ganze Weile oben am Tor, in der Hoffnung, dass die Eltern oder Großeltern noch auftauchen würden. Leider kamen sie nicht. Und ich wollte ja noch nach Ghosttown. So entschied ich mich loszufahren. Ich war ja noch eine Weile in Kanada, vielleicht würde ich noch mal die Chance haben hier vorbei zu schauen. Die Strecke führte mich von dem Highway 20 wieder auf den Highway 97 und Richtung 150 Mile House. Von da ab ging es nach Likely und Horsefly. Und wieder einmal übertrafen sich die Kanadier mit ihrer Beschilderung. Hätte ich nicht zufällig nach links geschaut und in der Ferne ein "Gold Rush Trail" Schild gesehen, wäre ich vorbei gefahren.


Naja, bin ich. Aber ich konnte ja umkehren. Dann ging es auf und ab. Und was sahen meine müden Augen zur Abwechslung mal wieder? Einen Bären! Offensichtlich der Gattung Schwarzbär und vermutlich verdammt groß. Er war leider auch verdammt weit weg.

Ein großer Schwarzbär
Aber er hatte mich bemerkt und schnüffelte in meine Richtung. Nach einem Foto fuhr ich weiter. Es folgten eine Ranch nach der anderen. Hier war wirklich Ranch- und Pferdeland.

 

Nach einer kurzen Pause mit Blick auf die Bullion Pit Mine ging es weiter. Manchmal muss man ja eine kleine Pause machen, gell. Es war ein schön angelegter Rastplatz mit tollem Blick auf die alte Mine. Auch wenn man als Laie vielleicht nicht wirklich viel dazu sagen konnte...

Bullion Pit Mine
In Likely, einem echt kleinen Nest in den Bergen B. C.´s kam ich auf den Weg zur Geisterstadt. Ich muss nicht erwähnen, dass es minimalistisch ausgeschildert war, oder?! Das ärgerte mich schon wieder. Ich war also nicht mal sicher, ob ich richtig war. Aber warum ich vorhin schon erwähnte, dass es die beschissenste Idee (entschuldigt die Ausdrucksweise) überhaupt war, war die Tatsache, dass die Straße so was von... ich weiß gar keinen Ausdruck dafür! Im Visitor Center sagten sie mir, es wäre eine Gravelroad. Sie wäre aber gut. Ich bin ja schon einige Gravelroads gefahren. Und die waren gut. Aber das hier, das war ein Albtraum! Ich erinnere kurz daran, dass ich einen alten Van Baujahr 1981 fahre, ich alleine unterwegs bin und keinen Ersatzreifen oder brauchbares Werkzeug mit mir führe.

Es war steiler und enger als es hier aussieht!!!
Ich versuchte das ein oder andere Foto zu machen, aber mit Voranschreiten der "Straße" wurde ich immer nervöser, so dass mir Fotos machen gerade echt ziemlich egal waren. Ich dachte nur daran, dass ich hier wieder heil raus kommen wollte. Zu Beginn ging es ja noch. Der Gravel war ziemlich grob, weswegen ich sehr langsam fuhr. Dann ging es steil bergauf, 5% oder 7%. Ok, dachte ich. Da sollste nachher auch wieder runter. Und es ging verdammt eng um die Kurven. Und keine Seitenbegrenzungen mehr. Ach, dass es senkrecht runter ging, ist wahrscheinlich klar. Ich dachte, schlimmer kann es nicht kommen. Oh doch! Es kam schlimmer. Es wurde einspurig, die Schlaglöcher wurden tiefer, der Gravel grober und es ging wieder bergab....! Leute, Ihr glaubt nicht, was ich Blut und Wasser geschwitzt habe. Das war Adrenalin pur. Und ich war alleine auf der Road. Was sonst?! An einer kleinen Ausbuchtung in einer Kurve zwischen zwei besonders steilen Wegstücken hielt ich kurz an, um den Bremsen und mir eine Pause zu verschaffen. Da kam ein Pick up an und ich fragte, ob ich hier überhaupt richtig wäre. Oh ja, dies ist der Weg nach Quesnel Fork. Und es gibt nur diesen eine Weg. Runter und wieder rauf. Ich hatte gerade echt die Hosen voll, denn ich wusste nicht, ob mein Van diesen Berg wieder rauf kommen würde. Ich hatte ja nun kein Allrad. Da es nun quasi nur noch ein Katzensprung war, fuhr ich noch den Rest runter.


Ich war so froh, dass unten tatsächlich noch andere Besucher waren. Allerdings mit einem nagelneuen 4WD Santa Fee... Oh, oh. Ich war so nervös, dass ich diese herrliche Umgebung gar nicht geniessen konnte. Ich rannte durch die Hütten und machte ein paar Bilder.

 

Auf den Friedhof kam ich gar nicht. Keine Ruhe. Ich wollte vor den anderen los fahren, damit ich sicher sein konnte, dass da noch jemand hinter mir kam, der mir zur Not helfen konnte.




















Also ins Auto gehüpft und los. Da kam gerade vom East Enter ein anderer Camper, noch älter und noch größer als mein Van... Nun war ich etwas beruhigt und ziemlich neugierig zum anderen. Wenn der meinte, er würde da rauf kommen, musste ich es zehnmal schaffen. Ich fuhr also mit Schwung die erste Steigung an. Ich dachte, der Van würde auseinander brechen. Zumindest kam das halbe Geschirr aus den Regalen. Aber ich hatte nicht vor auszuprobieren, ob ich den Van auch rückwärts wieder runter bugsiert bekommen würde, falls er hängen bleiben würde. Und nicht zu vergessen, ein ganzes Stück war einspurig! Bei Gegenverkehr würde ich diejenige sein müssen, die wieder runter fährt. Also, mit Vollgas den Berg rauf. Und mein Herz raste. Bei der ersten Kurve kamen mir tatsächlich gleich zwei Autos entgegen. Ich war froh, dass ich die Ausbuchtung erreicht hatte!

Ausbuchtung erreicht
Und was kam da an? Ein Campingmobil! Leute, ich wollte nicht tauschen. Ich hatte mit meinem Van alle Hände voll zu tun. Mit was die Leute da so runter fahren. Glück war, dass trocken war. Bei Regen sehe ich schwarz. Als ich wieder den zweispurigen Teil der Gravelroad erreicht hatte (ich war erleichtert... ein wenig, denn noch war ich nicht wieder auf festem Boden), überholte mich der uralte Camper.... Öhm, ja, was soll ich dazu sagen?! Ich fand das mutig. Denn das waren verdammt große Brocken, die da so auf der Straße.... dem Weg rum lagen. Da konnte man sich schon mal schnell einen Platten holen. Ich fuhr jedenfalls schön langsam weiter. In Likely nach einer ebenfalls wieder sehr steilen restlichen Abfahrt auf der Gravelroad (ich schaltete in den ersten Gang, ich hoffte, das würde helfen) angekommen, kaufte ich mir im Generalstore erstmal ein Eis.

Generalstore Likely
Meine Nerven lagen blank und ich war am Ende. Ich übertreibe nicht. Ich erzählte erstmal der Kassiererin von meinem Erlebnis. Sie sagte, dass die Straße wirklich nicht so gut wäre, aber jetzt würde es gehen. Wenn es schneien oder regnen würde, würde es schwieriger werden.... Ok. Dann würde ich das gar nicht erst probieren! So, ich hatte die Nase gestrichen voll für heute. Wollte nur noch zurück und am liebsten in ein Motel. Oder noch besser in ein Luxushotel. Ich "raste" mit meinen 90 km/h zurück nach 150 Mile House, wo ich wieder mal tanken musste. Ich beruhigte mich nun etwas und schaute in meinem Übernachtungsführer nach einem geeigneten Campground für die Nacht. Es war inzwischen fünf Uhr. Ich wollte noch nach Lac La Hacha kommen, der längsten Stadt in Cariboo. Düste also weiter. Nach ungefähr einer Stunde Fahrt kam ich am Big Country Campground an. Es war Nachsaison und so hatte ich keine Probleme einen Spot zu bekommen.


Abendspaziergang im Herbstlaub
Mit WiFi und Duschen inklusive für 25$. Das war ok. Und es war irgendwie ganz heimelig auf dem Platz. In den Waschräumen spielte die ganze Zeit über Musik. Ich nutzte die letzten Sonnenstrahlen und saß draußen nach einem kleinen Spaziergang. Und aß meinen vorgekochten Nudeln, während ich meinen Blog schrieb. Hatte eigentlich gar keinen Hunger... Als es kühler wurde, ging ich unter die heiße Dusche. Seeehr lange. Das tat gut. Danach verzog ich mich in meinen Van und genoss das WiFi bis der Akku meines Mac schlapp machte. War mir noch nicht sicher, wo ich morgen hinfahren wollte. Vielleicht schon direkt nach Vancouver. Mal schauen. 

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