Mittwoch, 20. März 2013

Montag, 11. Februar 2013: Ich schaute zu Paul und sagte:"And now sleeping!" Es war inzwischen drei Uhr morgens! Aber nein, er wäre gerade so aufgekratzt, er könnte jetzt nicht schlafen. War mir egal, er könnte ja fahren. Ich würde jetzt schlafen, was ich auch tat. Er kam noch bis zur Kreuzung zum Highway, dann überfiel auch ihn die Müdigkeit und er parkte an einem Truckstop. Nach ungefähr vier Stunden Schlaf ging es dann weiter Richtung Norden. In Whitehorse wollten wir schnell unseren obligatorischen Stopp bei Starbucks machen und schön zwei Mocca gönnen. Das musste aber noch warten, da wir uns unerwartet etwas länger in Whitehorse aufhalten mussten, da wir im Checkpoint sicherstellen wollten, dass Dyan immer noch im Rennen war, bevor wir uns auf die lange Fahrt nach Alaska machen würden. Was soll ich sagen, die machten doch tatsächlich erst um 10 Uhr auf. So hatten wir etwas Zeit und nutzten diese mit einem kleinen Spaziergang durch Whitehorse bei schönstem Sonnenschein und um die 0°C! Es war richtig frühlingshaft. Die Straßen waren schneefrei und es war einfach nur herrlich. Besuchten das Informationszentrum von Whitehorse, das richtig schön angelegt war und etliche Informationen über den Yukon bereithielt. Wir holten uns nun zwischenzeitlich schon mal einen Mocca und aßen ein kleines Frühstück. 


Um 10 Uhr standen wir vor dem Checkpoint und warteten, dass jemand kam. Die Kanadier sind ja so was von unpünktlich. Es kam kurz nach zehn eine Dame angewackelt, die wir erstmal nach dem Wochenende über die neuesten Geschehnisse aufklären mussten! Puh, wir hatten eigentlich erhofft, dass wir hier neue Info bekommen und nicht wir. Naja, so baten wir die Dame, dass sie wenigstens eine Nachricht in Circle für Dyan hinterlegen sollte, dass wir es wahrscheinlich nicht rechtzeitig schaffen würden und sie sich nicht zu sorgen brauchte. Würden dort ankommen... Irgendwann. Und los ging´s. Alaska, wir kommen! 



Wir fuhren bei schönstem Sonnenschein durch atemberaubende Landschaft und sahen sogar wieder einen Elch. Die Spitze der Schönheit eröffnete uns aber Destruction Bay und der Name passt wirklich wie die Faust auf´s Auge. Der Hammer! 



So was von schön! Unglaublich. Das muss man gesehen haben. Berge, Gletscher und davor breitet sich der riesige Kluane Lake aus. Die Straße schlängelt sich romantisch zwischen den Bergen am See entlang. Und wir hatten auch noch so tolles Glück mit dem Wetter. Wir waren von dem Anblick wirklich berauscht. 



Es war wirklich einfach nur traumhaft. Wir sahen auch wieder Wildlife! Zunächst dachten wir, ein Wolf hätte die Straße überquert. Als wir an der Stelle hielten und das Tier im Gehölz entdeckten, waren wir aber nicht mehr sicher. Es sah eher aus wie ein übergroßer Kojote... Wir konnten es nicht siecher sagen, aber für uns behielten wir es als einen Wolf in Erinnerung.



Zwischen der Grenze Kanada und USA liegen einige Kilometer Niemandsland, das entsprechend schlechte Straßenzustände für die Passierenden bereithält, da sich keiner zuständig fühlt dafür. Aber im Vergleich zu den Straßen in Yellowknife waren diese hier gar nicht mal so übel. Und es ging weiter durch atemberaubende Berglandschaften. 



Zur Ernüchterung fiel Paul aus heiterem Himmel ein, dass wohl sein Pass abgelaufen war... Ja, nee, is´ klar. Und wir wollen über die Grenze nach Alaska. Interessant war nur, dass er mit dem Pass ja auch von Yellowknife nach Whitehorse geflogen war... Unerklärlich. Wir malten uns alle möglichen Situationen aus, was uns an der Grenze erwarten würde. Im schlimmsten Fall würde ich Paul in einem Motel in einem kleinen Kaff nahe der Grenze zurück lassen müssen und den Rest in Alaska alleine bewältigen. Darauf war ich auf gar keinen Fall scharf! Wollte ja noch lebendig zurück kommen. Wir wurden eindringlich vor den schlechten und engen Straßen in Alaska gewarnt. Das wollte ich nicht alleine machen. Schon gar nicht mit diesem Monstrum an Dog Truck. Und Dyan hatte sich meinetwegen Sorgen gemacht. Dass ich nicht über die Grenze kommen würde. Ha, das wäre ja wohl kein Problem. War ja schon registriert, da ich mit Jenny und Josie letzten Herbst schon "drüben" war. Aber das mit Paul´s Pass machte uns jetzt doch etwas zu schaffen. Es ließ sich nicht ändern, ich meinte, dass er auf jeden Fall gleich zu Beginn dem Beamten erklären sollte, dass sein Pass abgelaufen war. Dann würde sich schon was machen lassen. Kamen also mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend an die Grenze. Hatten an einem Schalter gleich grünes Licht, so dass wir direkt an den Schalter ran fuhren. Als Begrüßung kriegten wir gleich zu hören, ob denn auch grünes Licht gewesen wäre, da wir eigentlich bei den Kameras halten sollten. Na toll, das konnte ja was werden... Paul reichte unsere Pässe und sagte gleich seinen Satz auf, warum, wieso, weshalb sein Pass abgelaufen wäre, usw. Der Beamte guckte da gar nicht drauf. Er meinte nur, dass das schon ok wäre, da er Kanadier wäre, aber ich hätte zur Registration ins Gebäude zu kommen, da ich deutsch wäre! Ist das zu fassen?! Ich fühlte mich ein wenig diskriminiert. Die hatten doch schon all meine Daten im System. Was sollte das denn jetzt?! Wir parkten den Truck hinter dem Gebäude und warteten, dass wir abgeholt wurden. Auf dem Weg hinein meinte der Beamte noch mal, dass ja Paul´s Pass abgelaufen wäre... Wir schauten uns an und schüttelten nur den Kopf. Offensichtlich hatte der Herr überhaupt nicht zugehört, was Paul ihm vorher am Schalter erzählt hatte. Aber er sollte nur einmal seinen Führerschein zeigen und das wär´s. Ich dagegen schlitterte immer tiefer in die Grütze. Ich konnte froh sein, dass das hier echt super nette Beamte waren. Nicht so wie die im Süden. Ich musste wieder einen Visumsantrag ausfüllen und sie fragten mich doch tatsächlich, ob mein Englisch gut genug wäre dafür!? Hallo?! Wie lange war ich jetzt in Kanada? Und hatte ich das Ding schon mal ausgefüllt? Jaaa! Und sie nahmen wieder Fingerabdrücke und machten ein Foto. Ich gucke darauf, glaube ich, etwas grimmig. Zu guter Letzt meinten sie noch, dass ich normalerweise echte Probleme kriegen könnte, da ich noch die "green card" von meinem letzten USA Besuch im Pass hatte... Es würde so aussehen, als ob ich die ganze Zeit illegal in den USA gewesen wäre und jetzt versuchen würde eine Verlängerung zu bekommen. Ist denn das zu fassen?! Das war ja nun wirklich unlogisch. Wenn ich das vor gehabt hätte, dann wäre ich doch nicht so doof und würde das Ding in meinem Pass lassen! Ich verstand das nicht wirklich, mir war aber klar, dass wenn sie gewollt hätten, sie mich richtig in Schwierigkeiten hätten bringen können! Ich lernte, dass bei der Ausreise das Visum aus dem Pass zu entfernen ist. Im Idealfall sollen die kanadischen Beamten die Visa einsammeln und an die USA zurück geben. Hahaha! Das ist ein Witz, oder?! Der kanadische Beamte hatte mich beim letzten Besuch gefragt, ob ich das Visum behalten wollte, falls ich noch mal einreisen wollte. Fehlinformation! Es wird bei jeder Einreise erneuert, man kann nicht dasselbe mehrmals benutzen. Jaaa, so hab ich ja was gelernt! Aber das sie mir illegalen Aufenthalt unterstellen wollten, war wirklich lächerlich. Wie gesagt, sie waren super nett und erklärten alles genau. Trotzdem... Ich glaube, es hat vor allem geholfen, dass ich mit einem Kanadier reiste und dass wir Teilnehmer am Yukon Quest waren. Da herrschten momentan sowieso Sonderregelungen, wie es schien. Sie fragten nur, ob wir kranke oder verletzte Hunde an Bord hatten, checkten aber nicht mal die Papiere. Sie verließen sich auf unser Wort. Auch ein Witz irgendwie. Sie fragten nicht mal, ob wir Fleisch geladen hatten. Und wir hatten Kiloweise Fleisch im Truck! Normalerweise ist es nicht erlaubt, Lebensmittel, besonders Fleisch von Kanada nach USA einzuführen. Ja, die Leute hier waren super. Auch wenn ich mich persönlich etwas angegriffen fühlte. Wir konnten also ungescholten weiterfahren. 


Das war mein einschneidendes Erlebnis für den heutigen Tag. Konnte mich noch lange nicht beruhigen. Aber die weiterhin tolle Landschaft lenkte mich von den Geschehnissen ab. Der Yukon war traumhaft, aber auch Alaska brauchte sich nicht zu verstecken.



Und wir fuhren und fuhren und fuhren. Unglaublich. Es war gut, dass wir so gutes Wetter hatten und eine Menge zu sehen bekamen. 


Gegen Nachmittag kamen wir nach ungefähr 16 Stunden Fahrt in Fairbanks an und waren erstaunt, wie groß die Stadt doch ist... Und keine Ahnung, wo wir hier den Checkpoint finden sollten. Ich hatte ja mit Hinweisschildern gerechnet, aber nichts. Wirklich nichts. Und wir hatten nicht mal eine Karte von der Stadt. So irrten wir erstmal durch die Gegend. Ich hatte in Erinnerung etwas von einem Park gehört zu haben. Paul meinte, es müsste zudem am Fluss sein. Einige Nachfragen bei Passanten halfen uns nicht weiter. Als wir eine Weile umher geirrt waren und schon mal in die Nähe des Flusses gekommen waren, standen wir am Straßenrand und Paul meinte:"Where is this Checkpoint?!" Ich drehte meinen Kopf zur Seite und antwortete:"Here it is." Wir hatten ihn per Zufall gefunden und standen direkt davor! 



Ha, das war super. Wir waren stolz auf uns. Suchten einen Parkplatz und gingen in die Hütte, des offiziellen Start- und Zielpunktes des Yukon Quest. Die Leute hier waren tief in die Vorbereitungen für das Bankett versunken. Als wir ihnen eröffneten, dass wir Dyan´s Handler waren, war alles in heller Aufregung. "Oh, the Bergen-Team is in!" Ja, von da an waren wir das Bergen-Team. Dyan hatte offensichtlich viele Fans, was uns immer wieder aufs neue verwunderte, wenn man ihre anderen Seiten gesehen hatte. Zu schade, dass wir einen so schlechten Start miteinander hatten. Die Leute liebten sie. 

Ergebnistafel
Vor allem natürlich, weil sie im Backpack war und kämpfte wie ein Löwe, um das Rennen durchzuhalten. War ja auch beeindruckend. Sie checkten für uns Dyan´s Position und meinten, sie wäre gegn 15.30 Uhr in Eagle angekommen, was bedeutete, dass sie die Zeitauflage eingehalten hatte und somit noch im Rennen war! Oh, was freuten wir uns. Die Reise war noch nicht zu Ende. So würde sie also nicht vor morgen Nachmittag in Circle City eintreffen und wir könnten uns für heute Nacht entspannt ein Hotelzimmer nehmen und richtig lange schlafen. Ist das zu fassen?! Jippieh! Sie empfahlen uns die Alpine Lodge, mit der Sonderkonditionen für Yukon Quest Teilnehmer ausgehandelt worden waren. Leider konnte uns Frog, die leitende Offizielle hier im Checkpoint, keine kostenlose Unterkunft zur Verfügung stellen. Sie war schon drauf und dran für Dyan etwas zu organisieren, was aber offensichtlich ziemlich schwierig war. Wir meinte, dass das schon ok wäre und wir würden nun ins Hotel fahren und morgen Früh wieder rein schauen. Gingen nach dem Einchecken noch einen Happen essen und organisierten uns so, dass wir die Hunde um Mitternacht das letzte Mal raus ließen, damit wir nicht so früh aufstehen müssten morgen. Bis dahin genossen wir eine heiße Dusche und fielen ins Bett. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen